Grauer Markt / Grauer Kapitalmarkt
Was liegt zwischen Weiss und Schwarz ?
Richtig, Grau.
Was liegt zwischen einem regulären bzw. regulierten Markt und einem verbotenen Schwarzmarkt ?
Wieder richtig, der Graue Markt.
Anders, als es viele Veröffentlichungen zum Thema glauben lassen, ist am kaum regulierten und daher oft als grau bezeichneten Grauen Kapitalmarkt keineswegs per se etwas auszusetzen.
Zum besseren Verständnis zunächst ein kleiner Exkurs :
Die sachliche und sprachliche Einordnung lässt sich mit der Situation beim Import von Gütern vergleichen.
Als "normaler" Import wird insbesondere von Herstellern, die Art und Umfang, Umfeld und Konditionen für den Absatz ihrer Produkte möglichst auf allen Märkten beeinflussen möchten, der von Ihnen kontrollierte Import betrachtet. Als normaler Import in diesem Sinne gilt der Import auf den vom Hersteller bestimmten Wegen etwa über eigene Tochterunternehmen oder über vertraglich an den Hersteller gebundene Importeure.
Als das Gegenteil, als Schwarzimport wird bezeichnet, was gegen gesetzliche Regelungen verstösst, etwa die Einfuhr von geschützten Tieren oder Antiquitäten, von verbotenen Gegenständen und Substanzen wie nicht (mehr) zugelassene Glühlampen, Arzneimittel oder Genussmittel.
Als Grauimport dazwischen gilt einfach der weder verbotene noch vom Hersteller kontrollierte Import durch Dritte wie den Verbraucher selbst oder Unternehmer, jeweils auf eigene Initiative und Verantwortung.
Beispiele für Grauimport sind etwa Reise-Mitbringsel wie (hoffentlich echte) Markenkleidung, Landestypisches oder der Import von Kraftfahrzeugen (bei Produktion im Ausland: Grauimport, bei Rückkehr von im Inland hergestellten Produkten ins Herstellerland auch als Re-Import bezeichnet).
Gute Gründe für einen legitimen und legalen Grauimport gibt es viele :
• Preisunterschiede auf den verschiedenen Märkten
• Marke, Modell und/oder Ausstattung eines Produktes nicht auf allen Märkten erhältlich
• Einzelstücke und Sammlerstücke wie Oldtimer nicht überall erhältlich
Zurück zum Grauen Kapitalmarkt :
Als Kapitalmarkt im reinen, weissen Sinne gilt Alles, was reguliert ist — und damit staatlicher Kontrolle unterworfen wurde. Dies können etwa bei der Börsennotierung von unterschiedlichsten Wertpapieren bestimmte Produkteigenschaften sein, Veröffentlichungspflichten oder auch eine behördliche Zulassung zum Betrieb von Banken, Börsen oder zum Vertrieb von Finanzprodukten.
Als Kapitalmarkt im gegenteiligen, schwarzen Sinne gilt Alles, was ausdrücklich verboten ist. Dies sind etwa Geschäftsmodelle nach dem Prinzip des Schnellballsystems, auch als Pyramidensystem oder auch "Ponzi Scheme" bekannt, die prinzipbedingt Anleger benachteiligen.
Was bleibt, ist der Graue Kapitalmarkt, der praktisch alles umfasst, was
• weder irgendeine besondere Erlaubnis benötigt
(Vertragsfreiheit als ein Grundprinzip des deutschen Rechtssystems)
• noch in irgendeiner Weise verboten ist.
Der Graue Kapitalmarkt deckt also auch alle Kapitalmarktangebote, die weder an Emittenten noch an Anleger besondere Anforderungen stellen :
Dies können Unternehmensanleihen sein, mit denen Unternehmen Kapital für einträgliche Investitionen beschaffen.
Dies können Genussrechte sein, mit denen Bauern oder Weingüter Investitionen in ihre Betriebe anstelle von Bar-Zinsen mit Waren aus eigener Produktion vergüten können.
Was wir daraus lernen können :
Was keine besondere Erlaubnis braucht und hat, ist im Allgemeinen schlicht regelkonform, rechtstreu und berechtigt — hat den grauen Schatten eines vermeintlich zweifelhaften Rufes damit nicht verdient.